MALEREI ENDET NIE“
Approximatives zu neuen Arbeiten von Gerhard Kaiser

 

Jedes Bild kommt von einem anderen Bild.
Roy Lichtenstein

Überblickt man einigermaßen das umfangreiche Oeuvre von Gerhard Kaiser, kommt man nicht umhin, ihm zuzustimmen: „Ich kann mich nicht festlegen – bin Grafiker, Maler, Zeichner, Plastiker, Objektkünstler…“ Als jemand, der der Generation des „Anything goes“ eines Paul Feyerabends angehört, war sein Studium an der damaligen Hochschule für Angewandte Kunst bei Oswald Oberhuber eine nachdrückliche Prägung seines künstlerischen Selbstverständnisses. Weniger das Credo einer permanenten Veränderung war und ist dabei bestimmend, als vielmehr das Moment des Pluralen, welches einer derartigen Haltung per se innewohnt. Ein myzelisch-prozesshaftes Werkverständnis, könnten wir formulieren, wird zur Signifikanz seines Arbeitens, bei dem immer wieder einzelne bildnerische Möglichkeiten auftauchen, wieder hintangestellt werden, um in neuen Zusammenhängen wieder virulent zu werden.

Dies gilt auch für den Bereich der Malerei, die, unwillkürlich an Sigmund Freuds Psychoanalyse denkend, gewissermaßen eine „Wiederkehr des Verdrängten“ bildnerisch manifestiert. „Es hat mich in den frühen 1980er Jahren auch mit der Malerei erwischt“, äußert sich Kaiser auf die diesbezügliche Frage fast etwas entschuldigend. Entstanden sind einige umfangreiche expressiv-gestische-figurative Malzyklen zum Thema der „Apokalypse“ oder eine 74 Einzelwerke umfassende Reflexion der „Göttlichen Komödie“ von Dante (Tempera auf Leinwand). In fast wellenartigen Prozessen finden sich derart mannigfaltige transgressive Spuren der Malerei in seinem Werk, ob Grafik, Zeichnung, Plastik oder Objekte. Dabei kann kunsthistorisch nur bedingt von  „extended painting“ gesprochen werden, da Malerei von ihm seit den 1990er Jahren nie per se thematisiert wurde, sondern immer in einer Verwobenheit mit anderen bildnerischen Materialien und Medien gesehen werden muss. So finden sich Spuren einer Materialmalerei ebenso wie konzeptuelle Gebrauchsweisen oder abstrakte Einzelsetzungen von Farben als Gestus der Malerei.

In den neuen Bild-Werken konstituiert sich die Malerei vor allem unter dem Aspekt einer bildapparativen Fundierung, welche zu einer Neuformulierung auch seines Bildbegriffes führt. Im Spannungsfeld von konstruktivistischer, gegenständlicher und abstrakter Bildgestaltung, die in konzeptueller Weise eine Strategie der Verrätselung impliziert, entziehen sich die Werke einer eindeutigen thematischen Definition. Dies begründet sich auch in ihrer bildnerischen „Architektur“, die in verschiedener Hinsicht auf Photoapparativem basiert: „Den Photoapparat habe ich immer bei mir“, so Kaiser. Er fungiert als Instrument visueller, bildnerischer Spurensuche und -sicherung. So wie auch im Objektbereich ist er mit der Photographie ein „Materialsammler“ für später entstehende Werke. Dabei geht es nicht um ein intentionales Suchen, als vielmehr um ein assoziativ-intuitives Finden. Dadurch wird auch die Fülle seiner Werksujets  und das scheinbar Willkürliche seiner Bildsetzungen nachvollziehbar.

Die verschiedenen Entstehungsphasen werden zu „archäologischen“ Bildschichten, die sowohl durch die photographischen „Recherchen“ als auch durch deren Selektion und in der Folge ganz wesentlich durch digitale Weiterbearbeitung, durch mehrere Scanprozesse etwa, geschaffen werden. Als Digitaldrucke auf Leinwand zitieren sie sowohl hinsichtlich des Trägermaterials als auch durch das Einbringen von Öl- und Acryllasuren Malerei als solche. Zu Recht schreibt Leopold Kogler von einem „Zur-Schau-Stellen von Malerei“ bei Kaiser.
Sie trassiert das digitale Bild in spurenhafter Weise (wie auch viele der Bilder spurenhaften Charakter aufweisen. „Das Offenlassen, Unfertige im künstlerischen Arbeitsprozess ist mir wichtig“, resümiert Gerhard Kaiser). Besonders deutlich wird diese Haltung in der bildnerischen Integration von Schrift und Text. Wiewohl einzelne Passagen bzw. Wörter lesbar sind, entziehen sie sich dennoch einer denotativen Lektüre und bilden einen weiteren assoziativ-thematischen Bildraum. So wird das Skripturale zum Pikturalen (und vice versa): ein Bild im Bild ––wie überhaupt das Zitative einen Grundton des künstlerischen Arbeitens ausmacht, etwa in der Verwendung von Bildschablonen oder von Signalfarben wie Grün oder Rot-Orange.

Gerhard Kaiser selbst spricht von (s)einem „Kosmos Kunst“, um die Komplexität seines Oeuvres zu skizzieren. Auch wenn man im ersten Moment versucht ist, sein Schaffen in den „Kosmos eines Gesamtkunstwerkes“ einzuschreiben, greift dies zu kurz (oder zu weit, je nach Standpunkt). Wie immer auch die Bezogenheit der verschiedensten Werkpassagen ist, haben sie dennoch in sich eine ästhetische Autonomie und sollten nicht auf ihre Werkbezüglichkeiten selbst verkürzt werden, es sind trotz alledem Werke im Werk.

A.Schantl L.Kogler J.Rössl M.Rennhofer O.Rychlik Rychlik+Krumpl W.Hilger W.Pauser J.P.Hodin M.Wagner W.Stelzer N.Pernod H.Knack Ch.Krejs F.Steininger

M.Wagner III Carl Aigner Alexandra Schantl II Oswald Oberhuber Günter Oberhollenzer Michaela Seiser Lucas Gehrmann Alexandra Schantl III Gerhard Kaiser I Gerhard Kaiser II