Gerhard Kaiser – „Images Never End“

Das zweite Projekt im Rahmen von OA Ausstellungen versteht sich als retrospektive Werkschau des im südlichen Niederösterreich lebenden Künstlers Gerhard Kaiser (*1955). Präsentiert als raumbezogene Installation gibt die Summe der einzelnen Arbeiten einen exemplarischen Einblick in vier Jahrzehnte seines Schaffens, das von Anfang an durch die Kombination verschiedener Medien und Materialien gekennzeichnet ist.

Als Absolvent der Meisterklasse Oswald Oberhubers ist das von seinem ehemaligen Lehrer formulierte Prinzip der „permanenten Veränderung“, das mit der Ablehnung jeglicher Stilbildung und der Skepsis gegenüber den klassischen Medien der Kunst einhergeht, für Kaisers künstlerisches Selbstverständnis seit jeher wegweisend.
Betritt man sein Atelier, das sich in dem aufgelassenen, weitläufigen Verwaltungsgebäude eines Metallwerks befindet, hat man angesichts der überwältigenden Fülle von Bildern und Objekten das Gefühl, in ein riesiges, nahezu unerschöpfliches Archiv einzutauchen, anhand dessen sich nicht nur der Werdegang des Künstlers nachvollziehen lässt, sondern das zugleich auch viel über seine Persönlichkeit verrät: Gerhard Kaiser ist ein leidenschaftlicher Sammler von allen möglichen Dingen (ausrangierte Möbel, Gefäße, Verpackungen etc.), die üblicherweise kaum jemandes Aufmerksamkeit erregen, ihm aber aus einem bestimmten Impuls heraus interessant bzw. ästhetisch reizvoll erscheinen. Es sind durchwegs Dinge, die entweder funktionsuntüchtig geworden sind oder einfach nicht mehr gebraucht werden. Aus dem (Waren-)Verkehr gezogen und stillgelegt, verdichten und konservieren sie die Zeit und gewinnen dadurch im Sinne von Hartmut Böhmes Fetischismus-Theorie Authentizität, Originalität und Einzigartigkeit. Sie sind - jenseits des Tauschs und der Ware - zu symbolischen Dingen geworden, die Gerhard Kaiser in einem Prozess des ästhetischen Recyclings verfremdet, kombiniert und neu interpretiert. - Sei es, dass er sie mit dicken Lackschichten überzieht oder ihnen durch die Zugabe von Haar und Fell den Charakter von Fetischen verleiht; sei es, dass er sie mit teils transparenten, teils blickdichten Kunststofffolien umhüllt oder mit Text- und Bildfragmenten versieht.
Sein fast zwanghafter Drang zum Aufbewahren bezieht sich allerdings nicht allein auf Dinge der Warenwelt, sondern seit einiger Zeit auch auf Bilder, Grafiken und Texte, die er fotografiert oder scannt und auf Festplatten speichert. Dieses täglich gespeiste und somit stetig wachsende digitale Archiv stellt die Basis von Kaisers aktueller künstlerischer Arbeit dar. Es ist die unversiegbare Quelle seiner computergenerierten Bildkreationen, die er als digitale C-Prints auf Papier oder Leinwand und mittels Digitaldruck auf verschiedenen anderen Trägermaterialien (Kunststoffplatten und -folien, Acrylglas, Möbeloberflächen) ausführt.
Den Grund für seine unstillbare digitale Sammelleidenschaft ortet Kaiser in der Unmöglichkeit, der Flut an Bildern zu entkommen, in der Unfähigkeit, Grenzen zu ziehen und in diesem „bildnerischen Kontinuum“ (Gottfried Boehm) Halt zu finden. Daraus resultiert für ihn ein Gefühl der Unruhe und Hysterie, das er gleichermaßen als Lust und Last empfindet, das aber letztlich der Impetus seines künstlerischen Schaffens ist. Im Wissen, dass eine Orientierung - geschweige denn Ordnung - in diesem endlosen Universum von Bildern nicht möglich ist, begnügt sich Kaiser mit Fragmenten und Bildfetzen, die beim Durchforsten seines Archivs „anstreifen“ oder sich „festhängen“. Dieses angeschwemmte, seines Inhalts und seiner Funktion verlustig gegangene Bildgut setzt ein Spiel in Gang, bei dem es ebenso um das Konstituieren von Bedeutung geht wie um die ästhetische Wechselwirkung zwischen einzelnen Elementen, die oft nicht auf ein singuläres Werk beschränkt bleibt, sondern auf andere Arbeiten formal und inhaltlich Bezug nimmt. Dass es sich dabei nicht unbedingt um fixe Zuschreibungen handelt, beweist die Tatsache, dass sowohl einzelne Bildelemente als auch Werke in unterschiedlichen Kontexten in Erscheinung treten können oder vermeintlich Abgeschlossenes wieder- und weiterverarbeitet wird. So entstehen Bildräume, die im Hier und Jetzt eine große Dichte erzeugen, aber jederzeit wieder aufgelöst und neu formiert werden können. Bei vielen Werken kommt es nicht zuletzt auch zu einer Überlagerung mehrerer Bildebenen, die wie bei einem Palimpsest nur vage zu entziffern sind. Das gilt insbesondere für jene Bildobjekte der analogen Generation, die der Künstler aus mehreren Schichten Reprofolien oder aus Gummitüchern, die im Offsetdruck als Zwischenträger für die Farbe fungieren, hergestellt hat. In beiden Fällen mutieren die verwendeten Materialien, die jeweils bereits Spuren visueller Information beinhalten, durch den Eingriff des Künstlers vom Zwischenträger zum eigentlichen Bildträger, der nunmehr eigenständigen Objektstatus erhält oder weiter transformiert wird.
Was Gerhard Kaisers Kunst auszeichnet, ist das ideelle und materielle Ineinandergreifen grundverschiedener Medien - das Spektrum reicht von Malerei, Zeichnung, Objekt, Fotografie bis zu diversen analogen oder digitalen Drucktechniken - und deren kommunikativer Austausch während des Arbeitsprozesses, dessen Quintessenz in raumgreifenden Installationen zum Ausdruck kommt.

Alexandra Schantl

A.Schantl L.Kogler J.Rössl M.Rennhofer O.Rychlik Rychlik+Krumpl W.Hilger W.Pauser J.P.Hodin M.Wagner W.Stelzer N.Pernod H.Knack Ch.Krejs F.Steininger

M.Wagner III Carl Aigner Alexandra Schantl II Oswald Oberhuber Günter Oberhollenzer Michaela Seiser Lucas Gehrmann Alexandra Schantl III Gerhard Kaiser I Gerhard Kaiser II